Wir leben im Zeitalter der Flucht!
Internationales Jugendtreffen der Christengemeinschaft Pfingsten 2016 in Hamburg
Unter dem diesjährigen Motto “Fluchtpunkt Mensch” fand über das Pfingstwochenende das internationale Jugendtreffen der Christengemeinschaft in der Rudolf Steiner Schule Hamburg-Bergstedt statt.
„Millionen fliehen vor großer Not. Andere fliehen vor der bedrückenden Realität unserer Zeit und vor sich selbst. Aber wohin geht die Flucht? Menschlichkeit ist der Fluchtpunkt, in dem sich alle Menschen begegnen können. In diesem Fluchtpunkt treffen sich Parallelwelten, sobald sich verschiedene Lebenslinien kreuzen. Er ist ein Ziel und zugleich ein Anfang der Reise ins Innere des Menschen. Fluchtpunkt: Mensch!“ (Text aus dem Tagungsflyer)
Jugendtreffen der Christengemeinschaft gab es schon immer – viele erinnern sich gern daran, wie sie nach der eigenen Konfirmation das erste Mal mit Freunden (allein ohne Eltern!) diese Festivals besuchten oder an anderen Ferienfreizeiten teilnahmen. Doch wie viele solcher Veranstaltungen, oftmals abhängig von der Initiativkraft Einzelner, unterlagen auch diese Jugendtreffen Wellenbewegungen. Sie bekamen jedoch eine Renaissance nach dem generationsübergreifenden Zukunftscamp „Future Now“ im Jahre 2010.
Gemeinsam mit Jugendlichen, welche die entscheidenden Impulse gaben, organisieren die Jugendpfarrer der Christengemeinschaft die weltweiten Jugendfestivals nun schon 6 Jahre in Folge mit einer stetig wachsenden Teilnehmerzahl aus mittlerweile über 16 verschiedenen Nationen.
„Wir können feststellen, dass ein großer und zunehmender Teil der Jugendlichen aus den osteuropäischen Ländern kommt. Dafür haben wir bisher noch keine Begründung – wir freuen uns einfach an diesem starken Interesse!“ betont Ulrich Goebel, Mitorganisator und selbst Pfarrer der Christengemeinschaft in Bonn.
Fast 400 Teilnehmer zählte dieses Jahr das Tagungsbüro. Junge Leute, hauptsächlich von 14 bis 23 Jahren, feiern vom 13. – 17. Mai zusammen das Pfingstfest. Diese Begegnungen werden durch die Auseinandersetzung mit dem Thema Flucht geprägt. Das Thema Flucht entstand als Leitthema bereits vergangenes Jahr, als die Tagung direkt neben einer neu errichteten Containerunterkunft stattfand und damit sofort klar wurde, dass niemand sich diesem Thema entziehen kann. Die Jugendlichen schätzen das Camp-Feeling und den Festival-Charakter, gerade um sich auch mit ernsten Fragen zu beschäftigen.
Aus diesem Grund mehmen auch ca. 40 Menschen, welche in der Vergangenheit unvorstellbare Strapazen und Ängste auf ihrer Flucht hinter sich gelassen haben am Treffen teil. Sie wurden durch persönliche Kontakte Einzelner aus unterschiedlichen Flüchtlingshilfsprojekten angesprochen und geben mit ihrer Offenheit über die eigene Flucht diesen Tagen einen besonders authentischen Charakter.
„Manche erleben hier in Deutschland das erste Mal geordnete Verhältnisse und andere beschreiben wie es ist, alles hinter sich zu lassen: ihre Heimat, ihre Familien. Die meisten wollen unbedingt wieder zurück. Es wird einem durch diese Gespräche noch einmal sehr deutlich, was für ein Glück es ist, im Frieden aufzuwachsen und zu leben“, erzählt Miriam Stachiw, Ansprechpartnerin im Tagungsbüro und Mitorganisatorin.
Workshops, Vorträge, Gesprächsgruppen, Musik, Tanz und weitere kulturelle sowie sportliche Aktivitäten erleichtern das Kennenlernen, die Jugendlichen haben viel Spaß miteinander und das Diskutieren wird angeregt. Viele Veranstaltungen, beispielsweise auch die tägliche Menschenweihehandlung, finden in verschiedenen Sprachen statt.
Beeindruckend ist die selbstverständliche Unterstützung vieler befreundeter Unternehmen und Initiativen, ohne die solch eine Tagung trotz Tagungspauschale von 130- 220 € nicht durchführbar wäre. Die umliegenden Biobauernhöfe versorgten die Tagungsmitglieder mit Naturalien, die Rudolf Steiner Schule Bergstedt stellte die Küche zur Verfügung, übernachtet wurde in den Klassenräumen, getagt, gefeiert, gesungen in der großen Aula
Junge Leute stellen sich den Themen der Zeit. Wir begegnen offenen und fröhlichen Gesichtern, manchmal mit etwas übermüdeten Augen, wenn das Diskutieren einfach des Nachts kein Ende finden wollte….
Gudrun von Wedel und Stephan Knauer

